Das Leben in einem anderen Land
In
diesem Blogeintrag versuche ich euch einen Einblick in das Leben hier
in Malawi zu geben. Er ist ein bisschen länger, da ich versuche
Situationen zu beschreiben, die in Deutschland so nicht vorkommen.
Leider habe ich von den meisten Dingen kein Foto gemacht, weil sie
spontan passierten, ich hoffe dennoch ich kann es euch erläutern.
Es
gibt hier so viele Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue überraschen,
aber wenn ich das Leben in drei Worten beschreiben müsste wären
diese laut, bunt und erfinderisch.
Laut:
Laut
vor allem, da es so etwas wie eine Ruhestörung nicht gibt, wenn man
über den Markt läuft haben die meisten Stände eine Musikbox und
diese spielt die Musik oder sonstige Ansagen in einer Lautstärke,
dass man es auch hunderte
Meter weiter noch hören kann.
Typische Marktbuden |
Fisch auf dem Markt |
Auch
nachts hört man diese Musik, verschiedenste
Tiere
und so viele andere Geräusche. Manchmal habe ich das Gefühl dass
jeder Hund in ganz Ekwendeni zu einer nächtlich wechselnden Uhrzeit
anfängt zu jaulen. Das war am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig aber
mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und schlafe ohne Oropax. :D
Es
kann trotzdem vorkommen, dass man um 5 Uhr morgens vom
Fegen
vor
dem Haus geweckt wird.
(Da
hier nur die Hauptstraße geteert ist, ist es zudem sehr staubig,
wenn der Sand gefegt wird.)
Dazu
kommen der
Verkehr
und die
hupenden Autos. Ich bin jetzt schon über zwei Monate hier und
verstehe die Autofahrer immer noch nicht. Es
scheint als würden sie bei jeder Gelegenheit die es gibt hupen, auch
ohne Grund. Die Hupe ist nur selten ein Gefahrenzeichen. Wenn
man also das Trading Center von Ekwendeni passiert, hört man neben
den hupenden Autos auch noch etliche
Menschen, die einem etwas verkaufen möchten oder fragen ob man nach
Mzuzu fahren möchte (Jedes
Taxi hat ca. 3-5 Leute, die dafür zuständig sind das Taxi zu
füllen).
Es
wird also nie langweilig, wenn man gerade wieder auf jemanden wartet
(malawische Pünktlichkeit :D).
Verkehr in Mzuzu |
Interessant
ist außerdem, wenn man den Menschen hier zuhört, wie sie sich auf
Tumbuka unterhalten. Am
Anfang musste ich echt lachen wenn mitten in der Konversation Laute
wie „Eishhh“, „Eheee“
oder „Ayyy“
vorkommen. Stellt euch vor ihr erzählt etwas und werdet von solchen
Ausrufen begleitet. Ist sehr witzig. :D
Zudem
kommen die Massenansammlungen,
wenn was besonderes passiert.
Einmal haben unsere Schüler eine Disco im Center veranstaltet und es
standen direkt 50-60
Kinder auf der Matte um zu gucken wo die Musik herkommt.
Oder
eine andere Situation: Ich war im Center am Arbeiten und plötzlich
fingen draußen die Kinder der benachbarten Schule an zu schreien und
alle in eine Richtung zu sprinten als würden sie etwas verfolgen.
Als
wir rausgingen und schauten was passiert, sahen wir es und Ausmane
sagte: „EIN KANINCHEN!!! Die gibt es normalerweise nur im Busch!“.
Ein sehr interessanter Moment wenn du beobachtest wie 40 Kinder
hinter einem Kaninchen herrennen und versuchen es zu fangen. :D
Es
kann aber auch in die andere Richtung ausarten. Als ich einmal auf
dem Weg nach Hause war kam mir eine ganze Masse an Menschen entgegen,
welche etwas riefen und pfiffen. Sie schienen einen erwischen Dieb
bis zur Polizeistation zu begleiten. Somit konnte diese Person nicht
entkommen und jeder wusste direkt Bescheid. Dieser
Zusammenhalt ist echt bemerkenswert. So
etwas würde es in Deutschland nicht geben.
„How are you?“ |
Bunt:
Es
gibt hier so viele verschiedene Farben, das sieht man alleine schon
auf dem Stoffmarkt.
Die landestypischen Stoffe hier nennt man Chitenje.
Es
gibt sie in allen möglichen Farben und Mustern und sie
werden sich oftmals
als
Rock umgebunden. Sie werden aber auch gerne für die geschneiderten Kleider, Röcke
und Jacken
verwendet.
Chitenje-Markt |
Auch die Straßenkünstler verkaufen sehr bunte Bilder von afrikanischer Landschaft, Tieren, oder Armbänder in verschiedensten Farben.
Bunt
ist hier auch die Natur.
Es
gibt
so viele bunte Blumen und Tiere, die Schonnenuntergänge hier sind besonders schön.
Es
gibt Steine die glitzern, wenn die Sonne auf sie scheint, sodass man
beim Wandern manchmal das Gefühl hat auf Glitzer zu schweben. Dazu
kommen
Bäume, die in verschiedenen Farben blühen.
Manchmal
werden hier die
Stämme
der Bäume mit weißer Farbe
angemalt. Ich dachte erst, dass es eine Art Insektenschutz ist, aber
die weiße Farbe ist Dekoration. Sieht
sehr interessant aus.
Aber
zu der Natur werde ich sicherlich noch mehr berichten.
Dazu
kommt der Tanz.
Es
ist unglaublich wie vielfältig die Menschen hier tanzen. Alles ist
erlaubt und ich fühle mich
wie von einem anderen Planeten wenn sogar die zweijährigen Kinder
einen Hüftschwung drauf haben, von dem ich nur träumen kann. Aber
es ist immer wieder witzig, wenn die Menschen versuchen mir
beizubringen
wie man hier
tanzt.
Als ich das erste Mal in die
Kirche gegangen bin war ich komplett überrascht, da die
Gottesdienste so lebendig und bunt sind. Es ist wirklich ein riesiger
Unterschied zu den Gottesdiensten in Deutschland wo keiner mitsingt
und die U-boot- Christen überwiegen. In Malawi singen und tanzen
alle Menschen und freuen sich einander wiederzusehen. Meine
Gastmutter hatte an mich gedacht und eine englische Bibel und ein
Liederbuch mitgenommen, damit ich wenigstens weiß, worum es geht. Da
die Gesänge mich so angesteckt haben gehe ich echt gerne zur Kirche,
obwohl ich kaum etwas verstehe.
Erfinderisch:
Generell
kann man sagen, dass die Menschen hier sehr erfinderisch
und kreativ
sind. Sie sind Meister darin, die wenigen Dinge, die sie haben am
cleversten zu verwerten. Somit kommt es nicht selten vor, dass ich
mich wundere, wenn ich sehe, wie unterschiedlichste Dinge auf
Fahrrädern, Schubkarren oder auf den Köpfen der Menschen gestapelt
werden.
Stapelprofis |
Handwerk
wird hier in Malawi auch sehr groß geschrieben, da es nicht wie in
Deutschland für alles eine Maschine oder einen Dienstleister gibt. Somit
findet man an jeder Ecke Schreiner, Schneider, Metallbauer, Maurer
und und und. Diese
sind fähig dir fast jeden Wunsch zu erfüllen und oftmals echt
begabt. Bei
Stromausfällen bricht keine Panik aus, da jeder sich zu helfen weiß.
Es ist normal auf dem Feuer zu kochen und man kann die Solarplatten
nutzen um Taschenlampen aufzuladen. Die Menschen hier denken einfach
praktisch und pragmatisch.
Auch
die Kinder sind hier unglaublich kreativ. Ich habe schon mehrere aus
Draht
gebastelte
Autos
gesehen, welche mit einem langen Stock, an dessen Ende ein Lenkrad
ist, vor sich hergeschoben werden.
Die
Kinder lieben es damit zu spielen und wie die Erwachsenen in
Parklücken zu fahren und darüber zu diskutieren, wie viel Draht man
für ein Auto in Echtgröße bräuchte. Ich hatte leider bisher noch
nicht die Möglichkeit dies mit der Kamera einzufangen, da die Kinder
einfach zu schnell unterwegs sind. :D
Besonders schön finde ich, dass die Babys und kleinen Kinder auf dem Rücken der Mutter getragen werden. So etwas wie Kinderwagen gibt es nicht und ich finde es in dieser Weise auch viel herzlicher. Das Kind muss einen akzeptieren, damit man es sich umbinden kann. Dies zeigt wie eng die Bindung zwischen Mutter und Kind ist.
Es ist selbstverständlich, dass man sein
Gegenüber bei der Begrüßung fragt wie es ihm geht. Während
man sich unterhält
gibt es oftmals einen äußerst individuellen Handschlag.
Dieser
kann in so vielen unterschiedlichen Weisen stattfinden, dass ich
manchmal nicht genau weiß, wie ich darauf antworten soll. Es kann
soweit gehen dass man sich nicht nur normal die Hand gibt sondern
danach die Daumen aneinander drückt und einen Schnipston erzeugt
oder die Unterarme aneinander hält. :D Und
das
war ganz bestimmt noch nicht das letzte merkwürdige Erlebnis was
den Handschlag angeht-
es ist einfach unberechenbar.
Auch
was das Thema Kosmetik angeht sind die Menschen sehr erfinderisch.
Die Haarstruktur
ist wirklich komplett anders als unsere, sodass ich am Anfang für
meine Haare bewundert wurde. Einmal hat sich eine Bekannte schwarze
Schuhcreme in die Haare geschmiert, sodass die Haare nicht grau
werden. Ich war sehr überrascht. :D
Fun
Fact am Rande: es gibt hier keine Frisuren mit langen Haaren, auch
wegen der Haarstruktur. Das
bedeutet die meisten Frauen tragen Perücken.
Diese gibt es in den unterschiedlichsten Formen
und Farben. Es
ist für mich am Anfang echt schwer gewesen, da ich gemerkt habe,
dass man sich in Deutschland die Menschen oft auch anhand der Frisur
und Haarfarbe merkt. Wenn die Person allerdings an einem Tag eine
Kurzhaarfrisur und am nächsten eine perfekt sitzende
Hochsteckfrisur oder Rasterlocken in einer anderen Farbe trägt, ist
es nicht ganz so einfach, die Menschen wiederzuerkennen. Mittlerweile
habe ich mich daran gewöhnt und finde es interessant was es für
unterschiedliche Formen und Farben gibt. Einmal habe ich ein Kind im
Supermarkt getroffen, welches passend zu der Deko bereits Ende
Oktober, Glitzer und Lametta im Haar hatte:
Es
gibt noch so viele andere Situationen in denen man merkt, wie kreativ
und erfinderisch die Menschen sind aber dazu beim nächsten Mal mehr,
ich denke diese Beispiele spiegeln viele Erlebnisse meines Alltages
wider.
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